Kreative Unternehmen machen mehr Umsatz und sind besser auf eine innovative Zukunft eingestellt. Doch was unterscheidet solche Unternehmen von anderen? In erster Linie geht es hier um eine Feedback- und Fehlerkultur, die bei »klassischen« Unternehmen üblicherweise nicht vorhanden ist. Wenn Sie sich die Menschheit ansehen, so werden Sie rasch feststellen, dass diese in ihrer gesamten Entwicklung von Fehlern geprägt ist. Dies beginnt beim Kleinkind, das bis zu 3000-mal hinfällt, bevor es laufen lernt, und geht hin bis zu wichtigen Erfindungen, die aufgrund von Fehlern gemacht wurden. Hätte beispielsweise Charles Goodyear nicht versehentlich ein Gemisch aus Schwefel und Gummi auf dem heißen Ofen stehen gelassen, so wäre die Galvanisierung vielleicht bis heute noch ein Mysterium. Hätte Louis Pasteur nicht einigen Hühnern versehentlich verdorbene Erreger gespritzt, so wäre das Prinzip der Impfung damals nicht erfunden worden.

Warum sollten Sie also Angst vor Fehlern haben?

Um eine gute Fehlerkultur in Ihrem Unternehmen zu bilden, ist in erster Linie eine gesunde Feedbackkultur gefragt. Dabei geht es nicht nur um negatives Feedback. Solches ist in der Regel leicht ausgesprochen und hinterlässt sichtbare Spuren. Wer stets nur getadelt wird, hat bald keine Motivation mehr, etwas Neues auszuprobieren, und wählt daraufhin den sicheren Weg, um nichts zu riskieren. Doch wie sagt das Sprichwort so schön? Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Leider kommt es noch heute in vielen Unternehmen vor, dass gar kein Feedback gegeben wird. Kreativität und Unsicherheit werden auch mit solchem Verhalten im Keim erstickt, da die Reaktionen der Vorgesetzten nicht eingeschätzt werden können. Sie als Führungskraft müssen also wissen, dass regelmäßiges Feedback wichtig ist, um Orientierung zu geben. Diese Orientierung ist vor allem deswegen wichtig, da nur so Leistungen an sich ständig ändernde Umstände angepasst werden können. Geben Sie deshalb Ihren Mitarbeitern kontinuierlich Feedback und Rückmeldungen.

Führen Sie eine neue Fehlerkultur ein.

Die meisten von uns verbinden Fehler immer noch mit dem schlechten Gefühl eines Rotstifts im Schulheft. Interessanterweise besteht all unser Lernen tatsächlich aus Trial-and-Error, aus einer mehr oder weniger langen Test-Operate-Test-Schleife. Erinnern Sie sich noch an Ihre Anfänge als Unternehmer? Stellen Sie sich einmal vor, einer Ihrer Mitarbeiter hat gerade einen sehr großen Fehler begangen und vielleicht 100.000 Euro ›versenkt‹. Dieser steht nun schuldbewusst vor Ihnen und erwartet natürlich die sofortige Kündigung. Stellen Sie sich bitte weiterhin vor, Sie sagen diesem Mitarbeiter: »Warum sollte ich Ihnen kündigen? Ich habe gerade 100.000 Euro in Ihre Ausbildung investiert. Sie sind damit einer meiner wertvollsten Mitarbeiter. Lernen Sie und machen Sie weiter!« Mit welch hohem Engagement können Sie wohl fortan bei diesem Mitarbeiter rechnen?

Wie schon an anderer Stelle erwähnt: Nicht das Hinfallen ist ein Fehler, sondern das Nicht-wieder-Aufstehen. Unser Mitarbeiter im Beispiel steht wieder auf. Er oder sie – und damit Ihr gesamtes Unternehmen – kennt jetzt zumindest eine Möglichkeit, die nicht zielführend ist. Der Mitarbeiter wird weiterhin mutig, loyal und vielleicht ein wenig umsichtiger – trotzdem zielstrebig – Ihr Unternehmen auf dem Weg zum Erfolg unterstützen.

Wie wollen Sie eine neue Fehler- und Feedback-Kultur einführen?

Hier sollten Sie auf jeden Fall außerhalb des bisher bekannten 90-Grad-Feedbacks denken. Bislang sah Feedback so aus, dass erst eine Selbstbeurteilung durch den Mitarbeiter stattfand und anschließend eine Fremdbeurteilung durch die Führungskraft. Dabei wurde zwar die Eigenbeurteilung des Mitarbeiters mit einbezogen, das letzte Wort blieb aber stets bei der Führungskraft. Versuchen Sie stattdessen, eine Rundumbeurteilung vorzunehmen, bei der die Meinung der Führungskraft nur einen Teil des Feedbacks ausmacht. So werden die Leistungen auch von Menschen betrachtet, die mit dem betroffenen Mitarbeiter regelmäßig zusammenarbeiten. Dies können entweder Kollegen, andere Teammitglieder oder auch direkte Vorgesetzte, Kunden und selbstverständlich ›Untergebene‹ sein. Natürlich kommt auch hier die Selbsteinschätzung des Mitarbeiters zum Tragen. Im Vergleich zum 90-Grad-Feedback entsteht im 360-Grad-Feedback einerseits ein wesentlich objektiveres Bild, andererseits kommen auch Talente und Fähigkeiten zum Vorschein, die sonst sicherlich untergegangen wären.

Betrachten Sie ein Feedback nur als Feedback

Wenn Sie als Führungskraft sich also des Kreislaufes bewusst sind, der zwischen Feedback, Innovation und Veränderung entsteht, achten Sie in jedem Fall auf angemessenes Feedback. Nur so können Sie sicher sein, dass gute Beziehungen zwischen Mitarbeitern, Kollegen und Freunden herrschen. Umgekehrt reagieren Sie auch auf Feedback, das Ihnen entgegengebracht wird, in angemessener Weise. Sie lernen, andere Sichtweisen zu akzeptieren und vielleicht auch darüber nachzudenken. Erst wenn Sie bereit sind, sich mit Ihren eigenen Verhaltensweisen kritisch auseinanderzusetzen, können Sie solches Feedback auch konstruktiv verarbeiten, wovon das gesamte Unternehmen profitiert. Wie gesagt, betrachten Sie ein Feedback nur als Feedback. Wenn Sie ein anderes Feedback erwartet haben oder erwarten, dann passen Sie Ihre Kommunikation oder Ihr Verhalten (Test-Operate-Test) so lange an, bis Sie Ihr Ziel erreicht haben.

Variieren Sie Ihre Kommunikation je nach Gegenüber

Als Führungskraft, als Sender einer Kommunikation, sind Sie verantwortlich, dass die Nachricht richtig verstanden wird.  Bei einer Aussage wie »Hier dürfte bei Gelegenheit auch einmal aufgeräumt werden!« reagiert der Eine und bringt innerhalb kurzer Zeit das Büro auf Hochglanz, der Andere tut nichts. Probieren Sie es bei diesem zum Beispiel mit: »Räumen Sie Ihr Büro bitte möglichst schnell auf, sobald Sie heute dazu Zeit finden. Morgen um 10 Uhr kommt ein wichtiger Kunde vorbei und ich möchte, dass er sich bei uns wohlfühlt und den Vertrag unterschreibt.«

Und nicht vergessen: Shit happens! 

Über den Autor:

Holger Deimling ist Kommunikationstrainer, Personalentwickler und Führungskräftecoach. Er hat mehr als 20 Jahre internationale Führungserfahrung und führt seit 12 Jahren Führungskräfte, Unternehmer und Startups durch das von ihm entwickelte Leadership Development Programm. Seit einem Jahr gehört Holger Deimling dem Unternehmernetzwerk von Passion for People an und ist unter anderem Leiter der Passion for People Akademie.  Im Januar 2021 ist sein Buch „Führung und New Work – Die neue Arbeitswelt souverän managen und gestalten“ erschienen.